Donnerstag, 12. Dezember 2019

Spruchbanderklärung: FC Bayern München Amateure



Beim letzten Heimspiel unserer Zebras gegen die zweite Mannschaft von Bayern München wird aufmerksamen Augenpaaren sicherlich unser Spruchband zu Beginn der zweiten Spielhälfte aufgefallen sein. Hier äußerten wir uns recht provokant und plakativ in Richtung Herbert Reul, dem aktuellen Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Aber worum geht es in der Sache überhaupt?
Vom 04.12. bis zum 06.12. tagte die sogenannte Innenministerkonferenz zum 211. Mal. Stattgefunden hat die Konferenz dieses Jahr in Schleswig-Holstein. So reisten also alle 16 Innenminister plus Horst Seehofer als Bundeminister des Innern und für Bau und Heimat nach Lübeck, um sich dort zu verschiedenen Themen auszutauschen. Diese Themen unterteilen sich in verschiedene Arbeitskreise, wie z.B. innere Sicherheit oder Verfassungsschutz. Beschlüsse der Innenminister können übrigens nur einstimmig erfolgen, Horst Seehofer hat hier (wahrscheinlich glücklicherweise) kein Stimmrecht. 
Ganz im Gegensatz zu Reul: dieser kann abstimmen, seine Meinung äußern, Vorschläge machen. Und eben einer dieser Vorschläge ist uns böse aufgestoßen. Reul äußerte im Rahmen der Innenministerkonferenz gegenüber der Rheinischen Post: „Strafen müssen wehtun, und manchen Möchtegernbambo aus dem Fanblock schmerzen ein paar Wochen Fahrverbot sicher mehr als ein paar Euro Geldstrafe“. Also Führerscheinentzug für Pyrotechnik? Für Reul offenbar eine Option, die er mal so in den Raum werfen möchte. Dass die Strafverfolgung innerhalb unseres Rechtsstaates auf dem Strafgesetzbuch basiert, welches für jedes Vergehen und Verbrechen bereits den Rahmen einer Strafe benennt – geschenkt. Dass es bereits Strafen (eben die von Reul benannten „paar Euro Geldstrafe“ oder ein Stadionverbot) für diejenigen Zünder gibt, die identifiziert werden – geschenkt. Dass ein Führerscheinentzug nun wirklich in so gar keinem Zusammenhang mit vermeintlichem Fehlverhalten im Stadion steht – geschenkt. 
Die Sinnhaftigkeit dieses Vorschlags lässt sich also vollkommen zurecht infrage stellen. Es scheint, als wäre Reul eher an Aktionismus als an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema gelegen. Die Abfälligkeit, mit der er diesen Vorschlag in die Öffentlichkeit gebracht hat, wirkt überheblich und weltfremd. Es wäre nicht das erste Mal, dass Reul mit seinen Aussagen in der Kritik steht und man sich die Frage stellt, ob ein Mann in seinem Alter wirklich Entscheidungen für eine deutlich jüngere Gesellschaft fällen sollte. So war es eine seiner ersten Amtshandlungen, dass die von der rot-grünen Landesregierung eingeführte Kennzeichnungspflicht für Polizisten wieder abgeschafft wurde – laut Raul gab es nämlich keine sachlich vernünftige Begründung für diese. Dass er später in einem Interview mal zugab, dass Fehler der Polizei auch anhand einer „Null-Toleranz-Linie“ bewertet werden müssten, hört sich da doch fast nach einer hohlen Phrase an. Aber er ist eben ein Mann der großen Worte. So erzählte er der Westdeutschen Zeitung mal ganz stolz, wie viel Geld er vom Finanzminister für die anstehende Digitalisierung der NRW-Polizei erhalten hat. Ob dieses Geld inzwischen auch wirklich sinnvoll verwendet wurde und es ob nicht vielleicht andere Probleme in NRW gibt, die „wirklich viel Geld“ gebrauchen könnten, sei mal so dahingestellt. 
Und genau da kommt eben der Punkt: Reul scheint sich zum Teil mit Dingen zu beschäftigen, die im Gegensatz zu unseren wirklichen Gesellschaftsproblemen unbedeutend sind. Statt wahnwitzige Vorschläge wie den Führerscheinentzug für Pyrotechnik in den Raum zu werfen, könnte der Innenminister doch mehr Energie dafür benutzen, sich unseren wahren Problemen in NRW zu stellen. Arbeitslosigkeit, Altersarmut, Mangel an Sozialwohnungen, leergefegte Innenstädte, politische Extremisierung der bürgerlichen Mitte, Politikverdrossenheit, mangelnde Sanierungsmöglichkeiten an Schulen und Universitäten… Die Liste ist lang. 

Und Reuls Zeit bis zur Pension hoffentlich deutlich kürzer.