Mittwoch, 13. November 2019

Spruchbanderklärung: KFC Uerdingen





Vor kurzer Zeit turnte erst Dietmar Hopps Hoffenheim durchs Wedaustadion, heute ist es der russische Investor Mikhail Ponomarev mit seinem Spielzeug, der hier zu Gast ist. Natürlich haben Hopp und Ponomarev als Person herzlich wenig gemeinsam. Bei aller Abneigung gegenüber Dietmar Hopp muss man ihm zumindest regionale Verbundenheit und wohl auch ehrbare Motive attestieren. Ponomarev hingegen tat sich in seiner Investoren-Laufbahn hingegen viel eher als windiger, dubioser und unzuverlässiger Oligarch hervor. Seit seinem Einstieg beim KFC Uerdingen im Jahr 2016 ist er dort weitgehend als Alleinherrscher tätig. Eine seiner ersten Tätigkeiten war die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung, von der er über die „KFC Uerdingen Entertainment GmbH“ später 97,5 % der Anteile übernahm, während immerhin 2,5 % der Anteile (sowie zur offiziellen Einhaltung der 50+1-Regel die Mehrheit der Stimmanteile) beim e. V. verblieben. Da Ponomarev allerdings auch Präsident des e. V. ist, gibt es faktisch kein Gegengewicht mehr zum russischen Geschäftsmann. Sowohl die Fußball GmbH als auch der e. V. stehen also unter vollständiger Kontrolle von Mikhail Ponomarev. Eine faktisch offensichtliche Umgehung der 50+1-Regel, die Ponomarev natürlich eh für völligen Unsinn hält, wird in Uerdingen ähnlich wie beispielsweise in Leipzig oder Hoffenheim schon länger praktiziert. 

Nun ist nicht von der Hand zu weisen, dass es seit 2016 sportlich steil bergauf ging für den KFC Uerdingen. Bei seinem Einstieg spielte Uerdingen noch in den Tiefen der Oberliga, während man es mittlerweile immerhin in die Drittklassigkeit geschafft hat. Selbstredend will Ponomarev mit dem KFC noch viel weiter hoch hinaus, aktuell scheint die Entwicklung aber eher zu stagnieren. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass Ponomarev seine Macht im Verein bei Transferpolitik und Personalentscheidungen immer wieder vollends ausnutzt und zudem regelmäßig Schlagzeilen auch abseits des Platzes produziert. Über Trainerentlassungen entscheidet der Investor in kompletter Eigenregie und auch für wütende Kabinenansprachen ist er sich nicht zu schade. Dass auch Ponomarev selbst in seiner Vergangenheit schon des öfteren und auch aktuell wieder wütende Ansprachen erhält, lässt er gerne unter den Tisch fallen. Der KFC ist nämlich nicht sein erstes finanzielles Engagement. Vorher war er auch schon bei der Fortuna sowie beim Düsseldorfer Eishockeyverein DEG. Bei beiden Vereinen hinterließ Ponomarev einen alles andere als positiven Eindruck. Bei der Fortuna mussten diverse Mahnungen wegen ausbleibender Zahlungen an Ponomarev verschickt werden, ehe sein Sponsoring-Vertrag ohnehin endete. Bei der DEG stieg er 2013 als Gesellschafter ein. Auch dort kam er seinen Verpflichtungen und Versprechen regelmäßig nicht nach und schuldet dem Verein bis heute noch Geld. Erst 2018 stieg er dann auch bei den Krefelder Pinguinen (Eishockey) als Gesellschafter ein und wurde als willkommener Retter beim finanziell angeschlagenen Verein gefeiert. 46 % der Anteile erwarb er dort. Ende September diesen Jahres wurde allerdings auch in diesem Fall öffentlich, dass Ponomarev seinen Verpflichtungen nicht nachkommt und den Krefelder Pinguinen Gelder in Millionenhöhe schuldet. Für den Verein geht es dabei ums Überleben: Zahlt Ponomarev seine Schulden nicht droht dem Verein die Insolvenz und dem Eishockey-Standort Krefeld ein empfindlicher Verlust. Ponomarev äußerte sich bislang nur in der Form dazu, dass er seine Anteile an „Menschen aus Krefeld“ veräußern will.  

Statt seine alten Gläubiger zu bedienen oder das von ihm hinterlassene Chaos zu beseitigen, bringt er seinen Namen allerdings lieber immer wieder an anderen Standorten selbst ins Spiel. So war von ihm sogar in Kaiserslautern die Rede, ehe sich der FCK einen nicht minder dubiosen Investor aus Luxemburg angelte. Zu Gerüchten kam es auch in Zusammenhang mit dem niederländischen Verein Roda Kerkrade, ehe jüngst Informationen über eine Geldleihe in Höhe von 700.000 € an den NEC Nijmegen publik wurden. Während der KFC also mit sportlichen Problemen zu kämpfen hat und diverse Gläubiger Herrn Ponomarev auf den Fersen sind, streckt dieser seine Fühler schon nach anderen Projekten aus. Dabei ätzt er weiterhin gegen alle Kritiker und die rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich 50+1 in Deutschland. Protesten begegnet er mit großem Unverständnis, denn mit der 50+1-Regel werde Deutschland nie international mithalten können. Und das ist ja schließlich sein selbstauferlegtes Ziel. Warum er dann beim KFC und nicht bei Mönchengladbach oder Düsseldorf einstieg? Zitat: „Uerdingen war das Beste, was ich gefunden habe. Hier gibt es nicht so Anfeindungen wie an anderen Standorten.“. Die übersichtliche Uerdinger Fanschar boykottierte nach dem Einstieg Ponomarevs zwar eine Weile die eigenen Spiele, bis man irgendwann keinen Bock mehr darauf hatte und trotz faktischer Übernahme des eigenen Vereins und Aushöhlung der Vereinsstrukturen und der 50+1-Regel sein Programm ohne weiteren Widerstand durchzog. 

Es bleibt abzuwarten, ob sich Ponomarev noch weiter beim KFC engagieren wird oder ob er auch dort irgendwann die Lust an seinem Spielzeug verliert und den Verein wie eine heiße Kartoffel fallen lässt. Es wäre nicht das erste Mal. Und es wäre auch nicht schade drum. Das Gerade von einem „Traditionsverein“ ist beim KFC Uerdingen höchstens in Bezug auf eine mäßige Bundesliga-Vergangenheit zutreffend, nicht zuletzt seit dem Einstieg von Immobilienunternehmer „Lakis“ Kourkoudialos (der übrigens 2009 Ailton verpflichtete, kennen wir da nicht auch so jemanden?) 2008, der nach einem massiven Streit die Macht an Ponomarev abgab, völliger Hohn. Und bereits vorher dürfte der Verein ja eigentlich gelernt haben, was eine völlige Abhängigkeit von einem Sponsor bedeutet. Bayer zog sich zurück und Uerdingen stürzte bis in den Amateurfußball ab. 


Und heute? Ein Verein, der keiner mehr ist, eine Fanszene, die diesem völlig unreflektiert folgt und ein Investor, der über allem trohnt. Der KFC Uerdingen im Jahr 2019.