Sonntag, 11. August 2013

Stellungnahme RB Leipzig


Für den Spielverein – Gegen Marketingbullshit!

In dieser Saison ist es nun soweit, der Meidericher Spielverein tritt gegen einen Gegner an, dessen Zugehörigkeit zum originären Fußball-Universum bezweifelt werden kann. 'RasenBallsport Leipzig' heißt das Konstrukt offiziell, 'Red Bull Leipzig' hätte es gehießen, dies verstöße aber gegen Verbandsstatuten.
Nachdem ein Einstieg von Red Bull bei der BSG Chemie Leipzig an Fanprotesten und dem Veto des DFB scheiterte, gründete der Brausekonzern 2009 den „Verein“ 'RasenBallsport' unterhalb der Reichweite des Fußballbundes neu und übernahm die Oberligastartrechte des SSV Markranstädt. Dank massiger Gelder des Konzerns ging es direkt eine Etage höher und nach drei Jahren Regionalligazugehörigkeit ging es in diesem Sommer hoch in Liga Drei.
Die Versuche des DFBs, die Teilnahme dieses Nicht-Vereins am Verbandsfußball zu verhindern, können da leider nur als dilettantisch abgetan werden: Statt des Namens 'Red Bull' nennt sich der Verein RB, da Sponsorennamen verboten sind. Der Unterschied zwischen dem „Vereinswappen“ und dem Logo des Konzerns sind Bewegungsunschärfestriche an den Flanken der Bullen und ein Fußball im oberen Teil der gelben Sonne. Der DFB gab sich mit dieser Änderung zufrieden. Da die Fußballabteilung nicht ausgegliedert wurde, liegt formal auch keine Verletzung der 50+1-Regel vor, diese regelt nur die Anteilsverhältnisse in einer möglichen KGaA, KG, GmbH oder was auch immer. Auch ein Vorstand existiert, und Mitglieder, die diesen wählen. Laut der 'Welt' handelt es sich um neun Mitglieder und der Vorstand entscheidet praktischerweise, wer Mitglied werden darf. Und, wer hätte das gedacht, diese neun Mitglieder wählen artig die vom Konzern vorgesehenen Leute immer wieder in den Vorstand. Laut Red Bull diene dies im Übrigen unter anderem dazu, zu verhindern, dass Ultras den Verein unterwandern. Klasse Sache!
Das Produkt 'RB Leipzig' ist dabei Bestandteil der Unternehmensphilosophie der Red Bull GmbH, deren Marketingbudget mehr als ein Drittel des Umsatzes beträgt und vor allem in Sportarten investiert wird: Flugshows, zwei Formel-1-Rennställe, Extremsportarten ohne Ende und eben auch Fußball. Fünf Mannschaften auf drei Kontinenten plus zwei Farmteams gibt es mittlerweile. Das Ziel dieser Teams ist selbstverständlich nicht das sportliche Messen mit anderen Vereinen. Oder das Organisieren eines Vereinslebens. Es geht darum, eine Marke zu präsentieren. Ein Spiel von Red Bull in einem internationalen Wettbewerb, das erklärte Ziel der Verantwortlichen, wären mehr als 90 Minuten Werbung vor einem Millionenpublikum das sich willig anderthalb Stunden lang verarschen lässt. In Euros ist dieser Werbeeffekt kaum auszudrücken.
Und so ist 'RB Leipzig' – zumindest unserem Empfinden nach - gar kein Fußballverein. Sondern eine Werbegag. Und wir fahren bis nach Leipzig um an einer Marketingaktion teilnehmen zu dürfen, für die wir auch noch Eintritt zahlen? Das war die große Frage der vergangenen Wochen. Die ganze Diskussion nochmal schriftlich aufzurollen, würde zu weit führen, aber wir wollen kurz versuchen, unsere Gedanken rund um dieses Spiel anzureißen. Am Ende ist für viele von uns der Fußball, den Red Bull präsentiert, einer, an dem wir nicht mehr teilnehmen wollen. Wäre Red Bull der Normalzustand, würden viele von uns mit dem Fußball brechen, zumindest in den Profiligen und den Ligen, die an diese den Anschluss suchen. Aber es liegt auch an uns, dafür zu sorgen, dass Red Bull zumindest noch eine Zeit lang die Ausnahme von der Regel ist. Dementsprechend werden wir die Spiele gegen den Leipziger Retortenclub neben unserem Engagement für den Spielverein auch dafür nutzen, unseren kleinen Beitrag dazu zu leisten, dass Red Bull noch ein wenig länger der Fremdkörper ist und andere potenzielle Investoren sich überlegen, ob sie sich sowas antun wollen. Bei den Heimspielen haben wir natürlich mehr Möglichkeiten und Freiheiten dies zu tun, aber trotzdem wollen wir jeden MSV-Fan, der sich mit der Frage „Fahr ich hin oder bleib ich zuhause?“ konfrontiert sieht, dazu ermutigen, ein Zeichen des Protests gegen diesen Marketingclub zu setzen, auch wenn uns auswärts nur unsere Stimmen bleiben werden.
Am Ende ist dies natürlich nur ein Zeitgewinn in einem Kampf gegen Windmühlen. Red Bull ist nicht das inkarnierte Böse das den unschuldigen Fußball missbraucht. Red Bull ist die logische Weiterentwicklung dessen, was der Fußball seit Jahren durchmacht. Und so wie heute Hoffenheim schon fast normal ist, so wird es auch Red Bull irgendwann sein. Und dann wird es viele Red Bulls geben, sofern der Fußball nicht in der Zwischenzeit wieder in der kulturellen Bedeutungslosigkeit verschwindet. Aber Red Bull scheint fast das Ende, zumindest ein großer Schnitt in dieser Entwicklung zu sein: Der Fußball als solcher ist nur noch Mittel zum Zweck, und so ist der gesamte „Verein“ beschaffen und zu diesem Zweck ist er gegründet worden. Einen Wert für sich hat der Fußball in „dieser Welt“ nicht mehr.