Offener Brief eines ProFans Mitglieds an DFB-Präsident Reinhard Grindel anlässlich seiner Stellungnahme vom 02.08.2017
Lieber Reinhard,
ich grüße dich aus der schwersten Zeit des Jahres – der Sommerpause.
Woanders rollt schon der Ball, ich muss leider noch etwas geduldig sein.
Sicher geht es dir wie mir und du hast über die lange Durststrecke der
spielfreien Zeit ein wenig Frust angestaut. Anders kann ich mir deinen
trotzigen Wutanfall am Anfang der Woche nämlich gar nicht erklären.
Ich weiß ja nicht, ob du dir mit deinem unrefkletierten und weltfremden
Geschimpfe einen Gefallen getan hast, mein Lieber. Denn was du da
forderst von den Ultras, dass dich diese hätten zu einem Gespräch bitten
können, ist doch etwas geheuchelt. Vor allem angesichts der Tatsache,
dass du dich in deiner Vergangenheit eher aufgrund deiner
zurückhaltenden Art in aller Munde gebracht hast. Oder wie war das vor
drei Jahren noch einmal mit der Abstimmung zur Novelle der
Abgeordnetenbestechung?
Wie hätte denn deiner Meinung nach das Gespräch aussehen können, an
welchem du „sicher“ teilgenommen hättest? In etwa so wie in der AG
Fanbelange? Von einem Dialog auf Augenhöhe war damals die Rede. Frag
doch deinen Vize, unseren gemeinsamen Freund Christian, wie das gelaufen
ist. Wie er uns Ultras und aktive Fans immer wieder vertröstet hat. Wie
er uns für blöd verkaufen wollte, indem er uns gegenüber den
verständnisvollen Fußballfan gespielt hat und den Vereinen klar machte,
dass sie nichts zu befürchten hätten, da er „die Fans im Griff“ habe.
Lieber Reinhard, da musst selbst du Verständnis dafür haben, dass ein
Dialog auf dieser Ebene nicht stattfinden kann. Du kannst ja bei deiner
Meinung bleiben, dass wechselseitige Fangesänge keine Dialogkultur sind,
wie du sie definierst. Nur sehen wir noch viel weniger Kultur in der
geheuchelten Augenhöhe eurer letzten Dialogstrukturen.
Im Grunde kann ich dich ja verstehen. Jeder braucht ein Feindbild, da
passen die Ultras super rein. Zünden Pyrotechnik und benehmen sich
daneben, machen auf Missstände aufmerksam und das meist auf eine
unmissverständliche Art und Weise. Wie ärgerlich das sein muss, wenn man
jeden Spieltag aufs Neue damit konfrontiert wird, in was für einem
korrupten und heuchlerischem Laden man doch tätig ist. Und du dachtest
wahrscheinlich, es geht nicht schlimmer, als du damals dein
Bundestagsmandat gegen die DFB-Präsidentschaft eingetauscht hast. Wie du
dich doch geirrt hast.
Und jetzt auch noch die Sache mit den Chinesen. Auf einmal rührt sich
überall Kritik und nicht nur bei den randalierenden Querulanten, die
dir dein Leben so schwer machen. Dabei hattest du wie immer nur „das
Gute“ im Sinn: das liebe Geld. Du sprichst von einer „sinnvollen
Marketingvereinbarung zugunsten der Regionalliga Südwest“, wir und viele
mit uns sprechen von einem verspäteten Aprilscherz. Reinhard, jetzt mal
unter uns: Wäre es nicht viel sinnvoller gewesen, die Vereine in die
Entscheidung mit einzubeziehen, als sie vor vollendete Tatsachen zu
stellen und ihnen einzureden, es sei nur zu ihrem Besten? Können die das
nicht am besten selbst beurteilen? Sind sie deswegen nicht unter einer
gemeinsamen Liga zusammen geschlossen, um ihre Interessen bestmöglich zu
vertreten? Oder haben wir da einiges in Bezug auf die DFL und das
Prinzip von Demokratie missverstanden?
Mensch, Reinhard, im Grunde wollen wir doch alle das gleiche: den
Fußball so lieben und leben, wie wir ihn uns vorstellen. Dass es dabei
auch bei einer Vielzahl von Menschen eine Vielzahl von Meinungen gibt,
ist klar. Um dann auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, muss man sich
austauschen. Dieser Austausch kann aber nur funktionieren, wenn beide
Dialogparteien sich auf einer Ebene verstehen. Leider hast du auch durch
deine Reaktion im Internet erneut gezeigt, dass ihr hohen Funktionäre
des deutschen Fußballs genau diese einfachen Grundzüge der menschlichen
Kommunikation nicht verstanden habt. Oder wie passt es zusammen, dass du
Dialogbereitschaft forderst und im gleichem Atemzug die Aufgeforderten
als verblendet bezeichnest?
Am meisten hat mich dann dein Aufruf gerührt. Auf den DFB würden
Wechselgesänge oder Spruchbänder keinen Eindruck machen. Vielmehr
wünschst du dir starke Argumente. Als würden wir nicht seit Jahren und
Jahrzenten immer wieder kanonartig diese Argumente runterbeten, ohne
dass sich auch nur das geringste ändert. Und als hätten wir nicht eine
Schelle nach der nächsten kassiert, da die Interessen der aktiven
Fanszenen anscheinend wirklich niemanden von euch wichtigen Menschen mit
dem grünen Logo auf der Brust zu interessieren scheinen. Willst du mir
wirklich sagen, dass dich die Argumente der Fanszenen bisher nicht
erreicht haben? Ist es in deiner Welt wirklich so, dass die Ultras nur
randalierende Idioten ohne Zukunftsperspektiven sind, die sich allein
den DFB zum Ziel ihrer Attacken gemacht haben, eben einfach weil sie
Lust darauf haben? Hast du nie überlegt, warum es kritische Gesänge,
Spruchbänder oder Stellungnahmen gibt? Und wenn sich Protest an so
vielen Stellen und auf so vielen Ebenen regt: denkt man dann nicht auch
über die Wahrscheinlichkeit der eigenen Schuld nach?
Verstehst du jetzt, warum dich keiner eingeladen hat und du wie das
zuletzt gewählte Kind damals im Sportunterricht beleidigt um dich
schlagen musst? Wie es in den Wald hinein geschrien wird, so schallt es
aus den Kurven heraus. Die Wechselgesänge werden so lange nicht
aufhören, bis sich endlich etwas in euren Köpfen geändert hat. Es
formiert sich geballter, flächendeckender Widerstand von der
Regionalliga Südwest bis hin zur ersten Bundesliga. Die von euch als
zutiefst verfeindeten Kurven dargestellten Fanszenen haben längst
erkannt gegen wen sich ihre berechtigte Wut zu richten hat.
Ihr bewegt euch fernab der ordentlichen Gerichtsbarkeit, seid korrupt
und werdet straffällig und dennoch meinst du, dass der Ruf des DFB
makellos sei. Erspare uns bitte weitere Ausführungen über deine
Dialogbereitschaft, solange du sie nicht ernst meinst, dann erspare ich
dir weitere Briefe dieser Art. Denn zur Zeit kann ich über deine
„Polemik und Unwissenheit nur den Kopf schütteln“.
Einer dieser Ultras
Quelle: www.profans.de